Nr. 2127
Geheim!
Handbuch
für U-Bootskommandanten
(U.Kdt.Hdb.)
1942
Nachdruck 1943
(Deckblatt Nr. 1-11 und handschriftliche Berichtigungen eingearbeitet)
Oberkommando der Kriegsmarine
M. Dv. Nr. 906
Inhaltsverzeichnis
Ziffer Seite
1 – 2 Vorbemerkungen ............................... 7
Abschnitt I.
Allgemeines.
3 – 18 A. Wesentliche Eigenschaften und
Aufgaben des U-Bootes ................. 9 – 12
19 – 64 B. Wahrung der Unbemerktheit des
U-Boots .......................................... 12 – 23
21 – 45 I. Verhalten des U-Boots, um unge-
sehen zu bleiben ...................... 12 – 17
46 – 54 II. Grundlagen der Horchabwehr . 18 – 19
55 – 64 III. Grundlagen der Ortung …....... 20 – 23
65 – 74 C. Nachrichtenmittel des U-Boots 23 – 25
75 – 90 D. Verwendungsgrenzen …................. 26 – 27
Abschnitt II.
Der Unterwasser-Torpedoangriff.
91 – 104 A. Grundlagen für den Unter-
wasserangriff …............................. 28 – 31
105 – 124 B. Ansatz des U-Boots zum Unter-
wasserangriff ................................. 31 – 35
125 – 140 C. Durchführung des Unterwasser-
angriffs ….................................... 36 – 38
141 – 170 D. Angriffsarten beim Unter-
wasserschuß …............................... 39 – 47
142 – 145 I. Der Rw.-Schuß ........................ 39 – 40
146 II. Reiner Bugangriff …...........…. 40 – 47
147 III. Reiner Heckangriff ….............. 41 – 42
148 – 149 IV. Winkelschuß …........................ 42 – 43
150 1. Der 45° Winkelschuß … 43 – 45
151 – 170 2. Der 90° Winkelschuß … 45 – 47
171 – 174 E. Torpedoeinsatz …......….................. 47 – 48
175 – 194 F. Verhalten nach dem Unter-
wasserangriff ...…......….................. 48 – 51
Ziffer Seite
Abschnitt III.
Der Überwasser-Torpedoangriff.
195 – 218 A. Grundlagen für den Überwasser-
nachtangriff …............................... 52 – 57
199 – 206 I. Gefahr des Gesehenwerdens .. 54 – 55
207 – 213 II. Gefahr des Gehorchtwerdens . 55 – 56
214 – 218 III. Gefahr der Ortung ….............. 56 – 57
219 – 226 B. Ansatz des Überwassernachtan-
griffs …..........…......….................. 57 – 59
227 – 234 C. Durchführung des Überwasser-
nachtangriffs …..........…......…...... 59
235 – 245 D. Verhalten nach dem Überwasser-
nachtangriff ..…..........…......…...... 60 – 61
Abschnitt IV.
246 – 269 Verhalten vor feindlicher Abwehr und
Verfolgung .............................. 62
250 – 253 A. Verhalten gegen Horchverfol-
gung …...….................................... 62 – 63
254 – 265 B. Verhalten gegen Ortungsver-
folgung …....…............................... 63 – 67
266 – 270 C. Verhalten gegen über Flugzeugen .. 67 – 68
Abschnitt V.
271 – 279 Das U-Boot als Artillerieträger …......... 69 – 73
Abschnitt VI.
280 – 289 Das U-Boot als Minenträger ….…......... 74 – 75
Abschnitt VII.
Das U-Boot im Handelskrieg
290 – 300 A. Allgemeines ..…............................... 76 – 77
301 – 309 B. Verhalten beim Anhalten von
Dampfern .….................................... 78 – 81
310 – 339 C. Verhalten an Geleitzügen ................. 81 – 90
Ziffer Seite
Abschnitt VIII.
Gemeinsamer Ansatz zu Aufklärung und Angriff.
340 – 341 A. Allgemeines .................................. 91
342 – 348 B. Befehlsführung …......................... 91 – 92
349 – 374 C. Art und Formen der Aufstellung .. 92 – 97
375 – 390 D. Verhalten im Op. Gebiet vor und
bei Feindberührung ….................. 97 – 100
Abschnitt IX.
Torpedoeinsatz.
391 – 395 A. Torpedoeinsatz ............................. 101 – 102
Abschnitt II.
Der Unterwasser-Torpedoangriff.
A. Grundlagen für den Unterwasserangriff.
91. Ziel des Unterwasserangriffs ist der sichere,
unbemerkte Schuss aus geringer Entfernung. Je ge-
ringer die Entfernung zum Gegner, um so sicherer ist
die Schätzung von Gegnerfahrt und -lage. Der Nah-
schuss ist ferner am günstigsten, weil selbst starke Ver-
schätzungen in den Schussunterlagen wegen der kurze
Laufzeit des Torpedos sich nicht mehr wesentlich aus-
wirken können, und weil jede Abwehrmaßnahme des
Gegners - etwa durch Zu- oder Abdrehen, falls das
U-Boot oder der Torpedo bemerkt werden - zu spät
kommt.
92. Die untere Grenze des Nahschusses ist durch die
Strecke gegeben, die der Torpedo bis zum eingesteuerten
Tiefenlauf braucht, und durch den Sicherheitsabstand
des U-Bootes vom Detonationspunkt des Torpedos.
Auf Entfernungen unter 300m ist daher nicht mehr
zu schießen.
93. Die Unsichtbarkeit beim Angriff wird ermög-
licht durch entsprechend unsichtbaren, geschickten Seh-
rohrgebrauch, den schwallosen Torpedoaustoß und den
blasenlosen Torpedo.
94. Horch- und Ortungsanlagen des Gegners sind
in ihrer Wirkung von Seegang, Wasserverhältnissen,
Fahrt des Gegners (vgl. Abschnitt I, Teil B, II
und III), Aufmerksamkeit des Personals und anderen
Bedingungen abhängig. Die Gefahr feindlichen Horch-
und Ortungsdienstes darf keinen Grund bilden, vom
tödlichen Angriff auf geringer Entfernung abzugehen.
95. Schusstechnisch günstig für den Nahschuß auf
Schiffe mit geringer oder mittlerer Geschwindigkeit ist
es, aus einer Gegnerlage von 90° zu schießen, da sich
hierbei Fehler in der Lageschätzung am wenigsten aus-
wirken; außerdem lässt sich die Gegnergeschwindigkeit
28
in dieser Lage am besten schätzen. Bei größeren Ent-
fernungen (über 1000m) und bei Gegnern mit hoher
Geschwindigkeit ist eine spitzere Lage beim Schuß -
etwa 60°- anzustreben.
96. Auf den beim Vorsetzen zum Unterwasserangriff
erkoppelten Gegnerwerten bzw. auf den Schätzungen
der Gegnerwerte unter Wasser: Lage, Fahrt, Ent-
fernung baut sich die Durchführung des Angriffs auf,
solange keine E-Messung und hierauf aufbauend kein
Auswanderungsverfahren (Koppelanlage) vom U-Boot
aus möglich ist. Das Schätzen der Gegnerwerte von
der Augeshöhe und mit der monokularen Optik des
Sehrohres ist schwierig und bedarf ständiger großer
Übung.
97. Das Schätzen der Lage ist am leichtesten, je
vorlicher das U-Boot zum Gegner steht. Gegen die
Sonne ist die Lageschätzung schwierig.
98. Die Fahrt des Gegners ist am besten aus der
Querabrichtung zu schätzen. Beim schätzen der Ge-
schwindigkeit ist mehr das Heckwasser als die Bugsee
zu beobachten, da diese bei scharfgeschnittener Bugform
häufig sehr gering ist. Die Hecksee ist außerdem durch
Bemalung usw. auch schwerer vorzutäuschen.
Bei der Fahrtschätzung ist der Kurs des Gegners
zum Seegang, die Auswanderung und Lageänderung
zu beachten.
99. Das Schätzen der Entfernung muß bei jeder
sich bietenden Gelegenheit geübt werden. Die Sicht-
verhältnisse spielen beim Schätzen der Entfernung eine
wesentliche Rolle. Bei klarem Wetter und mit der
Sonne im Rücken wird die Entfernung leicht unter-
schätzt, bei trübem Wetter, gegen die Sonne, in der
Dämmerung und bei Mondlicht überschätzt.
100. Günstige Angriffsbedingungen:
a) Aus der Sonne: Der Schütze wird nicht ge-
blendet, sondern kann das scharf umrissene Ziel
gut sehen. Vom Gegner aus ist das sparsam
gezeigte Sehrohr in dem von greller Sonne reflek-
tierenden Wasser nicht zu sehen und meist auch
eine Blasenbahn erst, wenn es zu spät ist.
29
b) Aus Luv: Grundsatz: Das Sehrohr soll mit der
See fahren. Die von hinten kommende See spült
immer von selbst über das richtig, d.h. niedrig
gezeigte Sehrohr hinweg; Spritzer und Wasser-
fahne des Sehrohrs sind weniger erkennbar.
Außerdem ist der Ausguck des Gegners nach Luv,
vor allem bei starkem Wind oder Regen, er-
schwert.
Hinsichtlich der Windseite bildet der Heckschuß
bei mäßigem Wind eine Ausnahme, da das mit
der See, also beim Heckschuß nach Lee, ablaufende
U-Boot die See nahezu ausdampft, während in
diesem Falle zu luward - gegen die See
fahrend - markante Spritzer durch das Sehrohr
auch bei geringer Fahrt des U-Bootes entstehen
können. Bei scharfem Wind ist jedoch auch für
den Heckschuß die Luvseite günstiger, weil dann
naturgemäß vom Gegner nach See besser Ausguck
gehalten wird und leichter zu beobachten ist.
c) Windstärke 3 bis 4 und Seegang 2 bis 3 sind
für die Durchführung des Angriffs am günstigsten
weil die See dann eben über das niedrig gezeigte
Sehrohr hinwegspült, ohne die Sicht auf den
Gegner zu beeinträchtigen, während die Tiefen-
steuerung des Bootes nicht erschwert wird.
101. Ungünstige Angriffsbedingungen:
a) Starker Seegang bzw. Dünung: Das Boot lässt
sich schwer auf Angriffstiefe halten, besonders
wenn vor der See angegriffen werden muß. Je
nach den den Tiefensteuereigenschaften des Bootes
wird hierdurch dem Unterwasserangriff überhaupt
bald eine Grenze gesetzt sein (vgl. Abschnitt I, D
Ziffer 78). Am ehesten ist bei starkem Seegang
der Angriff noch quer zur See fahren (für
Tiefensteuerung des U-Boots und Tiefenlauf des
Torpedos am günstigsten).
b) Ölglatte See: Die geringste Kräuselung selbst des
sparsam gezeigten Sehrohrs ist auffällig und da-
her leicht vom Gegner zu beobachten. Ausnahme:
aus greller Sonne heraus, in der Dämmerung
und in mondheller Nacht.
30
c) Angriff mit schwarzen Gewitterwolken im Hinter-
grund: Auch das günstigst gemalte Sehrohr er-
scheint hierbei gegen die tief schwarzen Wolken
weiß.
d) Gegen die Sonne: Das Schätzen von Fahrt, Lage
und Entfernung ist wesentlich schwieriger. Außer-
dem besteht beim Angriff gegen die Sonne die
Gefahr, dass das Objektiv spiegelt.
102. Frei.
103. Frei.
104. Frei.
B. Ansatz des U-Boots zum Unterwasserangriff.
105. Allgemeine Regeln für den Angriff:
a) Misstrauen und Vorsicht auf dem Marsch, solange
kein Angriffsziel vorhanden ist, aber voller Einsatz
beim Angriff.
b) Überlegt herangehen, wenn Angriffsziele vorhan-
den sind. Mit zähem Willen und Standfestigkeit
den Angriff wirklich bis zum vernichtenden End-
erfolg durchzuführen. Es gibt beim Angriff oft
Situationen, wo man Grund haben könnte, vom
Gegner abzulassen. Diese Augenblicke und Stim-
mungen müssen überwunden werden.
c) Nie sich dem Selbstbetrug hingeben; im Augen-
blick nicht anzugreifen oder nicht mit aller Zähig-
keit am Gegner dranzubleiben, weil man hofft
und glaubt, später an anderer Stelle ein besseres
Angriffsziel zu finden. Was man hat, das hat
man! - Aus solchen Überlegungen heraus seinen
Brennstoff sparen wollen.
d) Nur bei zwingender Notwendigkeit den Angriff
hinauszögern, z.B. in der Abenddämmerung,
falls es für den Unterwasserschuß bereits zu
dunkel ist, um dann nach Einbruch der Nacht
über Wasser sicherer und besser anzugreifen zu
können.
31
e) Bei jedem U-Bootsschuß muß bei Tage und Nacht
versucht werden, unter Ausnutzung aller Möglich-
keiten in Ruhe sichere Schussunterlagen zu er-
fassen (Auswanderungsverfahren mit Hilfe der
festen Linie, Größerwerden der Masten bei be-
kannter Höhe mit Hilfe der 1/16-Einteilung, Aus-
dampfen von Kurs und Fahrt über Wasser bei
Tag und Nacht).
Nicht sofort und aufs Geratewohl schießen,
damit werden keine Erfolge erzielt.
f) Nicht aus aussichtslosen Lagen schießen. Nerven
behalten und warten, um entweder bei Tage,
falls die Helligkeit noch langt, durch ein erneutes
Vorsetzmanöver einen zweiten Angriff anzusetzen,
oder aber, um nachts anzugreifen.
g) Besonders schwierige Ziele für das U-Boot sind
Zerstörer wegen ihrer hohen Geschwindigkeit und
verhältnismäßig geringen Ziellänge und U-Boote
wegen ihrer niedrigen Zielhöhe (schwierige Ent-
fernungsschätzung) und ihrer für die Lageschätzung
ungünstigen Überwasserform. Daher kommen auf
Zerstörer und U-Boote nur sichere Schüsse, d.h.
aus geringer Entfernung, in Frage. Keine Einzel-
schüsse; Fächer schießen.
h) Im Kriege ist man im allgemeinen stets weiter
ab, als man glaubt, besonders nachts. Also
durchhalten und nahe herangehen.
Nahe Schussentfernung gibt auch die größere
Sicherheit für das eigene Boot. In der Nähe
eigener Schiffe wirft die feindliche Sicherung zu-
nächst keine Wasserbomben.
106. Jeder Unterwasserangriff ist grundsätzlich so
anzusetzen und durchzuführen, dass möglichst bald ge-
schossen werden kann. Günstige Angriffsaussichten
können durch Zögern verdorben werden. Wenn es die
Lage erlaubt, muß daher dem Gegner entgegengelaufen
werden. Es ist falsch, vor dem Gegner herzulaufen
und zu warten, bis er in Schussweite aufdampft.
107. Der Kommandant muß sich kurz entschlossen
und wendig nach Lage der Dinge für die günstigste
und am schnellsten zum Erfolg führende Angriffsart
entscheiden. Solange der Gegner in Reichweite ist,
32
muß der Schuß bei etwaigen Abwehrmaßnahmen des
Gegners durch Zu- oder Abdrehen jeden Augenblick
fallen können, auch wenn die angestrebte günstigste
Schussposition, z.B. Lage 90°, noch nicht erreicht ist.
Der Kommandant darf sich niemals schematisch starr
auf eine bestimmte und gewünschte Lage beim Angriff
konzentrieren und nur darauf operieren.
108. Bei der geringen Unterwassergeschwindigkeit
des U-Boots ist eine vorliche Stellung zum Gegner
bei Beginn des eigentlichen Unterwasserangriffs erfor-
derlich. Je weiter der Abstand zum Gegner ist, um so
vorlicher muß die Anfangsstellung für den eigentlichen
Unterwasserangriff sein. Bei normalen Sichtverhält-
nissen und normalen Angriffsbedingungen soll daher
erst zum Unterwasserangriff getaucht werden, wenn
Lage 0° zum Generalkurs des Gegners erreicht ist.
109. Steht das U-Boot beim Insichtkommen des
Gegners nicht bereits in vorlicher Position, so muß
versucht werden, die notwendige vorliche Position mit
Höchstfahrt über Wasser zu erreichen. Der günstigste
Kollisionskurs zum Gegner beim Vorsetzen ist stets der
Kurs senkrecht zur Sichtungspeilung, solange das
U-Boot vorlicher als auch querab vom Gegner steht.
110. Beim Aufdampfen in die vorliche Position
darf das U-Boot seine wertvolle Stärke, die Unsicht-
barkeit, nicht gefährden. Bei Tage darf daher vom
Gegner bei klarer Sicht nicht mehr gesehen werden, als
eben gerade die Mastspitzen (Ausguck im Mast, E-Meß-
gerät im Vormars, vgl. Abschnitt I, B, Ziffer 25).
111. Unterschiede in den Sichtverhältnissen der ein-
zelnen Seegebiete sind zu beachten. Man kann Fälle
erleben, in denen man wesentlich näher an ein Über-
wasserschiff herangehen kann, ohne sofort gesehen zu werden,
weil die Sicht nicht immer absolut klar, die
Kimm häufig verschwommen und diesig ist. Im
Atlantik kann das U-Boot vom Gegner bereits ent-
deckt werden, wenn es gelegentlich von der Dünung
hochgehoben wird, selbst wenn das Boot vorher längere
Zeit vom Gegner aus nicht zu sehen war.
112. Das Vorsetzmanöver erfordert in hohem Maße
taktisches Können, sein Gelingen ist die Voraussetzung
33
für den darauf folgenden Unterwasserangriff und da-
mit auch die Voraussetzung für den Erfolg. Das Vor-
setzmanöver ist daher als taktisches Meisterwerk Sache
des Kommandanten allein und bedarf in der Anlage
und Durchführung seiner steten Anweisungen.
113. Das Vorkämpfen auf die vorliche Position an
der Grenze der Sicht bei Tage ist ein außerordentlich
langwieriger und ermüdender Luvkampf. Es ist ein
unablässiges Sägen an der Kimm- immer wieder
herangehen, sobald die Mastspitzen kleiner werden, und sofort
wieder abstaffeln, sobald die Mastspitzen höher
herauskommen. Dieser Luvkampf dauert bei den Sicht-
verhältnissen im Atlantik Stunden um Stunden, und
er kann nur gewonnen werden durch die unbeirrbare
Zähigkeit und unablässiges Festhalten am Gegner, selbst wenn
das Boot nur langsam nach vorn kommt. Jede Kursänderung
des Gegners oder evtl. Störungen beim
Gegner können die Lage sofort zugunsten des U-Boots
ändern.
114. Das Vorsetzmanöver stets ausnutzen, um durch
sorgfältiges Mitkoppeln des eigenen Weges, durch ge-
naues Peilen des Gegners, Entfernungs- und Lage-
schätzen in zeitlich gleichmäßigen Abständen die Gegnerwerte
(Kurs, Fahrt, Zackschema) zu erkoppeln.
Diese Werte sind fast immer genauer als die unter
Wasser geschätzten.
115. Vorsetzmanöver und Angriff nicht aufgeben,
auch wenn Gegnerpeilung nur langsam auswandert.
Zähe bleiben!
116. Frei.
117. Ob bei der geringen Über- und Unter-
wassergeschwindigkeit des U-Boots ein Vorsetzen bei Tage in
jedem Fall erfolg haben wird, hängt von der Ge-
schwindigkeit des Gegners und seiner Lage beim Sichten
ab. Weit vorgeschobene feindliche Sicherung oder Flug-
geleit des Gegners, die das U-Boot frühzeitig und auch
häufig zum Tauchen zwingen und dadurch seine an sich
schon geringe Geschwindigkeit noch weiter herabsetzen,
bedeuten für das Vorsetzmanöver eine zusätzliche große
Erschwerung. Aber auch hierbei zähe sein und nichts
unnötig aufgeben.
34
118. Wird das U-Boot vorübergehend durch feind-
liche Sicherung usw. unter Wasser gedrückt, so darf
es nicht zu lange unter Wasser bleiben. Immer das
Bestreben haben, sobald wie möglich wieder nach oben
zu kommen, um besser beobachten zu können und nicht
unnötig wertvolle Zeit zu verlieren.
119. Vorsicht bei plötzlicher Sichtverschlechterung
durch Regenböen usw. Sofort tauchen, falls beim
Wiederaufklaren festgestellt wird, dass das U-Boot
während der Sichtverschlechterung zu nahe an den
Gegner herangekommen ist.
120. Hat das U-Boot die notwendige vorliche
Position zum Gegner, d.h. die Gegenpeilung zum fest-
gestellten Generalkurs des Gegners (vgl. Ziffer 108)
erreicht, so muß es über und unter Wasser dem Gegner
entgegenlaufen, immer in dem Bestreben, sobald wie
möglich zum Schuß zu kommen, ehe eine Änderung
der Verhältnisse eintritt, z.B. Kursänderung des
Gegners, die den Angriff vereiteln können.
121. Frei.
122. Frei.
123. Frei.
124. Frei.
35
C. Durchführung des Unterwasserangriffs.
125. In etwa 4- bis 5000 m Entfernung vom
Gegner beginnt je nach Wetterlage und Beleuchtung
der "sparsame" Sehrohrgebrauch, d.h. das zeitlich
ganz kurz begrenzte, niedrige (faustgroße), fast dauernd
überspülte, aber häufige Zeigen des Sehrohrs (vgl.
Abschnitt I, B, Ziffer 31). Es ist falsch, das Sehrohr
in Gegnernähe längere Zeit eingefahren zu lassen.
Das U-Boot ist dadurch nicht weniger ungesehen als
beim sparsamen Sehrohrgebrauch, jedoch selbst blind
und daher stärker gefährdet. Also häufig, aber schnell
und nur kurze Zeit sehen, unter allen Umständen je-
doch immer wieder sehen und beobachten.
126. Das Sehrohr darf nur bei geringer Fahrt des
Bootes ausgefahren werden; also rechtzeitig vor dem
Ausfahren mit der Fahrt heruntergehen. Sehrohr-
kielwasser ist bei ruhiger See sonst gut zu sehen, außer-
dem verursacht hohe Fahrt Spritzer und Wasserfahne
durch das Sehrohr.
127. Muß aus besonderen Gründen, etwa zur Ver-
besserung der Angriffsposition usw., vorübergehend
mit der Fahrt hochgegangen werden, so ist das Seh-
rohr so weit einzufahren, dass seine Spitze mindestens
1 m unter der Wasseroberfläche ist. Sehrohr jedoch
auf Angriffstiefe nicht weiter einfahren, als unbedingt
notwendig ist, um keine unnötige Zeit beim Wieder-
ausfahren zu verlieren.
128. Bei glattem Wasser ist das Schraubenwasser
des Bootes an der Oberfläche als leichte Kräuselung
erkennbar. Falls daher in solchem Falle hohe Fahrt
gelaufen werde muß, vorher Sehrohr ganz einfahren
und auf 18 m gehen, sofern Feindnähe die gestattet.
129. Im letzten Teil des Angriffs, kurz vor dem
Schuß, muß es dem Schützen genügen, wenn er nach
beendeter Schätzung von Gegnerfahrt und -Lage nur
nach Schornsteinkappen und Masten des Gegners sieht.
130. Zum Schätzen der Entfernung stets die
1 ½fache Vergrößerung am Sehrohr benutzen. Mit
6facher Vergrößerung geht jedes Schätzungsvermögen
für Entfernung bei der monokularen Optik des Seh-
rohrs verloren.
36
Die 6fache Vergrößerung des Sehrohrs darf grund-
sätzlich immer nur vorübergehend zur besseren Beob-
achtung von Einzelheiten am Gegnerschiff benutzt
werden, z.B. beim Schätzen von Lage und Fahrt,
niemals jedoch zum Fahren des eigentlichen Nah-
angriffs.
131. In etwa 4- bis 2000m Entfernung, je nach
Gegnerfahrt und -lage, beginnt der Ansatz des Bootes
zum Schuß.
Zur rechtzeitigen Bestimmung des Querabstandes
vom Gegner beim Schuß gilt folgende Faustregel als
Anhalt:
Bei Lage beträgt der Querabstand vom
Gegner = 1/10 der augenblicklichen Entfernung,
bei 10° Lage = 1/5, bei 15° Lage = ¼, bei
20° Lage = 1/3, bei 30° Lage = ½ der Ent-
fernung.
132. Die Gefahr des Gehorchtwerdens beim Nah-
angriff muß, soweit die Lage es zulässt, durch möglichst
geringe Fahrt und vollkommene Ruhe im Boot ver-
hindert werden (vgl. Abschnitt I, B, II und III).
133. Der Unterwasserangriff ist auch in der Däm-
merung und in mondheller Nacht möglich. Im ein-
zelnen ist hierbei zu beachten:
a) Völlige Abblendung von Turm und Zentrale ist
erforderlich, da sonst erhebliche Blendwirkung am
Sehrohr auftritt.
b) Das Schätzen der Entfernung und das Erkennen
der Lage ist nachts durch das Sehrohr sehr er-
schwert. Das U-Boot wird leicht näher am
Gegner stehen, als angenommen.
c) Nachts nur mit 1 ½ facher Vergrößerung am Seh-
rohr arbeiten wegen der besseren Lichtstärke der
Optik bei geringer Vergrößerung.
d) Beobachtungen des angegriffenen Gegners und
Rundblick über die Lage zu andern in der Nähe
stehenden Fahrzeugen kann in diesem Falle unter
Umständen auf zwei Sehrohre verteilt werden.
134. Die seltene Angriffsgelegenheit auf einen
feindlichen Verband muß mit vollem Boots- und
Torpedoeinsatz auch bei stärkster feindlicher Sicherung
37
ausgenutzt werden. Auf ein Schiff des Verbandes den
Angriff ansetzen und es nach einer der Lage ent-
sprechenden Angriffsart zu vernichten suchen; sofort
anschließend möglichst ein zweites bzw. drittes Schiff
angreifen.
135. Die Formation eines Verbandes von Schiffen
ist auf Sehrohrtiefe aus größerer Entfernung schwer
auszumachen. Bei einer breiten Formation des Gegner-
verbandes (stumpfe Staffel, Dwarslinie, doppelte Kiel-
linie, aufgelöste Formation) ist es günstig, sich von
vorn in den Verband hineinsacken zu lassen und
Winkelschüsse zu schießen. Vorteil bei dieser Stellung im
Verband: geringere Sicherung und geringere Auf-
merksamkeit beim Gegner, daher größte Ruhe in der
Angriffsdurchführung.
Beim Angriff auf eine spitze Staffel ist die staffel-
freie Seite günstiger, weil sie größere Trefferaussichten
bietet (Ziele überdecken sich); das U-Boot ist außerdem
auf der staffelfreien Seite sicherer vor dem Überlaufen-
werden durch Schiffe, daher größere Ruhe in der
Angriffsdurchführung.
136. Muß beim Angriff auf einen Geleitzug vor
der Bewachung oder vor Flugzeugen einmal schnell
auf 20 m gegangen werden, weil Ramm- oder Sicht-
gefahr besteht, so darf deswegen keineswegs der An-
griff endgültig aufgegeben werden. Da während der
Fahrt auf 20 m die Situation in der Angriffsrichtung
unklar wird, kann es dann unter Umständen zweck-
mäßig sein, nach außen mit hoher Fahrt abzudrehen
und wenig divergierend zum Generalkurs des Gegners
abzulaufen, um von außen erneut den Angriff anzu-
setzen. Bei einem langen Geleitzug hat man dann
immer noch Aussicht, bei den letzten Schiffen zum
Schuß zu kommen.
137. Frei.
138. Frei.
139. Frei.
140. Frei.
38
D. Angriffsarten beim Unterwasserschuß.
141. Der normale Unterwasserangriff wird unter
Zuhilfenahme der Feuerleitanlage als Rw.- Schuß durch-
geführt. Bei Ausfall der gesamten Anlage, beim Ein-
treten von ungeklärten Fehlschüssen kommt reiner
Bug- oder Heckangriff oder Winkelschuß in Frage.
Auch diese Angriffsarten müssen vom Kommandanten
Beherrscht und je nach Lage angewandt werden.
I. Rw.-Schuß.
142. Vorteile des Rw.-Schusses:
a) Der Kommandant ist frei von der Errechnung des
Angriffskurses und vom Manövrieren auf diesen
Kurs, er kann seine ganze Aufmerksamkeit auf
die Erreichung einer günstigen Angriffsposition
konzentrieren. Es besteht nur die Bindung, den
Gegner in den Bestreichungswinkel der Torpedos
mit möglichst geringem Schusswinkel zu bringen.
b) Die Einsatzbereitschaft der Torpedowaffe ist
wesentlich höher, da im Bedarfsfalle der volle
Winkelbereich der Torpedos jederzeit ausgenutzt
und nach jeder Seite geschossen werden kann.
c) Durch die Feuerleitanlage wird die Parallaxe
im Gerät berücksichtigt, so dass der Abkommpunkt
im allgemeinen - bei richtigen Schussunterlagen
- Zielmitte bleibt.
d) Die Reichweite ist immer ablesbar, Streuwinkel
und Drehgeschwindigkeit des Bootes als Ver-
besserung des Schusswinkels können schnell be-
rücksichtigt und durch das Feuerleitgerät zur
Anwendung gebracht werden.
e) Schwierige und schnell wechselnde Situationen
(hohe Gegnergeschwindigkeit, häufige Kursände-
rungen des Gegners) können von einem U-Boot
mit Feuerleitanlage noch erfolgreich gemeistert
werden in Fällen, in denen ein U-Boot ohne
Feuerleitanlage wegen der langsamen Drehfähig-
keit des Bootes unter Wasser den Schuß aus-
fallen lassen muß.
39
143. Die wesentliche Schwierigkeit beim Rw.- Schuß
liegt- wie bei jedem Winkelschuß- in der sicheren
Entfernungsbestimmung als Grundlage der Parallax-
verbesserung. Es muß daher in Fällen unsicherer Ent-
fernungsbestimmung, vor allem bei Schüssen auf ge-
ringe Entfernung sowie im Passiergefecht, angestrebt
werden, stets mit möglichst kleinem Schusswinkel zu
schießen, um Fehlschüsse infolge falscher Parallaxwerte
zu vermeiden. Bei großen Schusswinkeln verursacht
eine falsch zugrundegelegte Entfernung, vor allem bei
Entfernungen unter 1000m, beträchtliche Fehlmaße
am Ziel durch den Parallaxfehler.
144. Da im gegensatz zum reinen Bugangriff beim
Rw.- Schuß eine zusätzliche komplizierte technische An-
lage mit einer größeren Anzahl von Bedienungsleuten
bei der Durchführung des Unterwasserangriffs ge-
braucht wird, die Möglichkeiten für Fehlerquellen
daher entsprechend größer sind, ist für den Rw.-Schuß
eine sorgfältige Ausbildung aller beteiligten Leute und
gründliche Wartung der Anlage besonders erforderlich.
145. Bei Ausfall der Elektrik der Feuerleitanlage
nicht gleich auf die primitiven Angriffsmethoden des
Bug-, Heck- oder Winkelschusses übergehen, sondern
Reservemöglichkeiten der Anlage (Vorhalterechner als
mechanischer Schußwinkelerrechner) voll ausnutzen. Aus-
fall muß oft exerziert werden.
II. Reiner Bugangriff.
146. Durchführung:
a) Aus Lage und Peilung des Gegners dessen Kurs
bestimmen;
b) die Gegnerfahrt schätzen;
c) den Vorhalt r die angestrebte Lage beim
Schuß = 90° usw. feststellen;
d) das Boot auf Angriffskurs legen.
Angriffskurs =
Querpeilung des Gegners Vor-
haltewinkel, je nachdem ob die Stb.- oder
Bb.- Seite des Gegners angegriffen wird.
40
Soll aus spitzerer Lage geschossen werden, so ist
bei der Errechnung des Angriffskurses statt der
Querpeilung des Gegners die Peilung bei der
beabsichtigten Lage beim Schuß, z.B. 60°, als
Peilung einzusetzen.
e) Durch "Sägen" mit der Fahrt (vor- oder hinter-
halten von Angriffskurs) auf Nahschußent-
fernung in günstige Schussposition (bei Lage 90°
usw.) heranlaufen. Hierbei ist stete Beobachtung
des Wachsens der Gegnerlage und stete Ent-
fernungsschätzung bei sparsamem Sehrohrgebrauch
erforderlich.
f) Ist der Gegnerkurs richtig ermittelt und die
Gegnerfahrt richtig geschätzt, muß der Gegner
Lage 90° usw. haben, wenn er in den eingestellten
Vorhalt einwandert. Ist dies nicht der Fall, so
muß der Zeitpunkt des Schusses durch Schießen
im Zu- oder Abdrehen, um eine günstigere
Gegnerlage auszunutzen, verfrüht oder verspätet
werden.
III. Reiner Heckangriff.
147. Der reine Heckangriff ist nur anwendbar, wenn
das U-Boot entweder recht voraus vor dem Gegner
steht, oder wenn durch eine plötzliche Kursänderung
des Gegners das U-Boot mit dem Heckrohr günstiger
zum Schuß kommt als mit den Bugrohren.
Durchführung:
a) Steht das Boot vor dem Gegner, so muß es zum
Heckschuß dem Gegner entgegenlaufen. Entgegen-
laufen ist günstiger als mit dem Gegner zu
laufen, da das U-Boot dann beim Abdrehen zum
Angriffskurs um den doppelten Vorhaltwinkel
weniger zu drehen hat.
b) Kurs und Fahrt des Gegners bestimmen;
c) Vorhaltwinkel für die angestrebte Lage beim
Schuß = 90° usw. feststellen;
d) das Boot auf Angriffskurs legen. Das Abdrehen
auf den Angriffskurs hat entsprechend der An-
näherungsgeschwindikeit des Gegners zu ge-
41
schehen. Nicht zu früh abdrehen, da die Schuß-
entfernung sonst zu groß wird. Also Nerven
behalten!
Angriffskurs =
Gegenpeilung zur Querpeilung Vor-
haltewinkel, je nachdem, ob die Stb.- oder
Bb.- Seite angegriffen wird.
Soll aus spitzerer Lage geschossen werden, so
ist bei der Errechnung des Angriffskurses statt
der Gegenpeilung zur Querpeilung des Gegners
die Peilung bei jeder beabsichtigten Lage beim
Schuß, z. B. 60°, in ihrer Gegenpeilung einzu-
setzen.
IV. Winkelschuß
148. Der Winkelschuß hat folgende Vorteile:
a) Das U-Boot ist freier und beweglicher bei der
Angriffsdurchführung und braucht nicht wie beim
reinen Bugangriff unter steter Beobachtung von
Gegnerlage und Entfernung nahezu senkrecht auf
den Gegner zuzulaufen.
b) Das U-Boot läuft nicht in dem Maße wie beim
reinen Bugangriff quer zu den Kurven der fein-
dlichen Sicherungsfahrzeuge.
c) Bei zu nahe angelegtem Bugangriff oder bei
plötzlichen Kursänderungen des Gegners ist
Schießen noch möglich.
d) Bei breiter Formation des feindlichen Ver-
bandes bietet der Winkelschuß die beste Möglich-
keit, durch Hereinsackenlassen in den Verband auf
mehrere Ziele nach beiden Seiten schießen zu können.
149. Von Winkelschüssen kommen hauptsächlich in
Frage:
1. der 45° Winkelschuß;
2. der 90° Winkelschuß.
Von weiteren Winkelschüssen kann der Kommandant
Gebrauch machen, falls er sie mit den erforderlichen
42
rechnerischen Unterlagen während des Angriffs be-
herrscht, ohne dass sie, wie die beiden gebräuchlichsten
Winkelschüsse, besonders eingespielt sind.
1. Der 45° Winkelschuß.
150. Durchführung:
a) das U-Boot auf Angriffskurs legen:
aa) Bug 45° Winkelschuß:
α) Laufendes Gefecht (Bug des U-Boots
nach derselben Richtung wie Kurs des
Gegners):
Angriffskurs =
Querpeilung des Gegners
(45° + Vorhaltwinkel), je nach-
dem, ob die Stb.- oder Bb.- Seite
des Gegners angegriffen wird.
Bei Schüssen aus spitzerer Lage ist
ebenso wie bei reinem Bugangriff bei
der Errechnung des Angriffskurses
statt der Querpeilung des Gegners die
Peilung bei der beabsichtigten Lage
beim Schuß, z. B. 60°, als Peilung
einzusetzen.
β) Passiergefecht (Bug des U-Boots nach
entgegengesetzter Richtung wie Kurs
des Gegners):
Angriffskurs =
Querpeilung des Gegners
(45°- Vorhaltwinkel) je nach-
dem, ob die Stb.- oder Bb.- Seite
des Gegners angegriffen wird.
bb) Heck 45° Winkelschuß:
α) Laufendes Gefecht (Bug des U-Bootes
nach derselben Richtung wie Kurs des
Gegners):
Angriffskurs =
Gegenpeilung zur Querpeilung des
Gegners (45° - Vor-
43
haltewinkel), je nachdem ob die
Stb.- oder Bb.- Seite angegriffen
wird.
Bei spitzeren Lagen gilt für die Er-
rechnung des Angriffskurses das gleiche
wie bei den anderen vorher genannten
Angriffsarten.
β) Passiergefecht (Bug des U-Boots nach
entgegengesetzter Richtung wie Kurs
des Gegners):
Angriffskurs =
Gegenpeilung zur Querpeilung
des Gegners (45° + Vor-
haltwinkel), je nachdem, ob die
Stb.- oder Bb.- Seite des Gegners
angegriffen wird.
b) Vorhaltwinkel einstellen: den drehbaren Schiffs-
gradkreis am Sehrohrkranz von der 0°- Marke
um 45° nach dem Gegner hin verstellen und an-
schließend den Vorhaltwinkel von der 45° Marke
auf den Gegner zu einstellen. Fährt der Gegner
also nach links, Vorhalt nach links von der 45°
Marke einstellen und umgekehrt. Es ist zu be-
achten: Der Vorhaltwinkel liegt stets außerhalb
des 45° Torpedowinkels, wenn der Torpedo, be-
vor er winkelt, in gleicher Richtung wie das Ziel
läuft (beim Bugwinkelschuß im laufenden Ge-
fecht, beim Heckwinkelschuß im Passiergefecht);
der Vorhaltwinkel liegt innerhalb des 45° Tor-
pedowinkels, wenn der Torpedo, bevor er winkelt,
in entgegengesetzter Richtung wie das Ziel läuft
(beim Bugwinkelschuß im Passiergefecht, beim
Heckwinkelschuß im laufenden Gefecht). In beiden
Fällen ist der Vorhaltwinkel jedoch stets von der
45° Marke auf den Gegner einzustellen.
c) Für Parallaxe 50 m vor- oder hinterherhalten; vor-
halten, wenn der Torpedo, bevor er winkelt, in
entgegengesetzter Richtung wie das Ziel läuft
(beim Bugwinkelschuß im Passiergefecht, beim
Heckwinkelschuß im laufenden Gefecht), hinter-
halten, wenn der Torpedo, bevor er winkelt, in
44
gleicher Richtung wie das Ziel läuft (beim Bug-
winkelschuß im laufenden Gefecht, beim Heck-
winkelschuß im Passiergefecht).
2. Der 90° Winkelschuß.
151. Der 90° Winkelschuß soll nur bei kleiner
Parallaxe geschossen werden, d.h. wenn der Torpedo,
bevor er winkelt, in derselben Richtung läuft wie der
Gegner. Das Vorhaltemaß für große Parallaxe ist,
besonders bei Nahschussentfernung, sehr schwer zu
schätzen.
Der 90° Winkelschuß mit kleiner Parallaxe kommt
daher in Frage:
im laufenden Gefecht als Bugschuß,
im Passiergefecht als Heckschuß.
152. Durchführung:
a) das U-Boot auf Angriffskurs legen:
aa) Bug 90° Winkelschuß im laufenden Ge-
fecht:
Angriffskurs =
Gegenpeilung zur Querpeilung
(90° Vorhaltwinkel), je nachdem, ob
die Stb.- oder Bb.- Seite des Gegners
angegriffen wird.
Bei Schüssen aus spitzerer Lage gilt für
die Errechnung des Angriffskurses das
gleiche wie bei den vorher genannten An-
griffsarten, es ist also statt der Querpeilung
des Gegners die Peilung bei der beab-
sichtigten Lage beim Schuß, z. B. 60°, bzw.
die Gegenpeilung zu dieser Peilung in die
Rechnung einzusetzen.
bb) Heck 90° Winkelschuß im Passiergefecht:
Angriffskurs =
Querpeilung des Gegners
(90° Vorhaltwinkel), je nachdem, ob
die Stb.- oder Bb.- Seite des Gegners
angegriffen wird.
45
b) Vorhaltwinkel einstellen: den drehbaren Schiffs-
gradkreis am Sehrohrkranz von der Marke
um 90° nach dem Gegner hin verstellen und an-
schließend den Vorhaltwinkel von der 90° Marke
auf den Gegner zu einstellen. Fährt also der
Gegner nach links, Vorhalt nach links von der
90° Marke einstellen und umgekehrt (vgl. Auch
Ziffer 146, b).
c) Für Parallaxe ...........m hinterherhalten.
153. Die wesentliche Schwierigkeit beim Rw.- Schuß
liegt- wie bei jedem Winkelschuß- in der sicheren
Entfernungsbestimmung als Grundlage der Parallax-
verbesserung. Es muß daher in Fällen unsicherer
Entfernungsbestimmung, vor allem bei Schüssen auf
geringe Entfernung sowie im Passiergefecht, ange-
strebt werden, stets mit möglichst kleinem Schusswinkel
zu schießen, um Fehlschüsse infolge falscher Parallax-
werte zu vermeiden. Bei großen Schusswinkeln ver-
ursacht eine falsch zugrunde gelegte Entfernung, vor
allem bei Entfernungen unter 1000m, beträchtliche
Fehlmaße am Ziel durch den Parallaxfehler.
154. Frei.
155. Frei.
156. Frei.
157. Frei.
158. Frei.
159. Frei.
160. Frei.
161. Frei.
162. Frei.
46
163. Frei.
164. Frei.
165. Frei.
166. Frei.
167. Frei.
168. Frei.
169. Frei.
170. Frei.
E. Torpedoeinsatz.
171. Auf wertvolle Ziele sind, soweit es der Torpedo-
vorrat des U-Boots gestattet, auch bei geringer Schuß-
entfernung und sicheren Schußunterlagen mehrere
Schüsse als Mehrfachschüsse (Doppel- oder Dreierschuß)
zu schießen. Hierbei sollen alle Schüsse treffen, zu dem
Zweck, den Gegner mit Sicherheit zu vernichten. Es
ist also dabei mit Treffpunktverlegung am Ziel los-
zumachen.
172. Bei Schußweiten über 1000 m bzw. bei grö-
ßerer Unsicherheit in den Schußunterlagen (hohe Gegner-
geschwindigkeit) sind mehrere Schüsse (2, 3 oder 4) als
Fächer zu schießen. Hierbei wird angestrebt, daß ein
Schuß mit Sicherheit trifft. Es ist besser, nur ein
Schuß trifft, als daß auch bei mehreren Einzelschüssen
alle das Ziel verfehlen.
Die Schüsse sind dabei um einen auf Grund der
geschätzten Unterlagen abgegebenen Schuß (bei 2 oder
4 Schüssen um einen gedachten Mittelschuß) um das
Maß der Streubreite zu streuen.
47
173. Ist zur Versenkung eines getroffenen Schiffes
ein Fangschuß efordlich, daran denken, daß im Ver-
hältnis mehr Fehlschüsse bei Fang- als bei Angriffs-
schüssen geschossen werden.
a) Bei Fangschuß den gestoppt liegenden Gegner
in Lage 90 auf E = 2- bis 3000 m voraus-
nehmen und unter genauem Kurssteuern langsam
herangehend feststellen, ob Gegner noch Fahrt
macht. Je nach festgestellter Auswanderung
Gegnerfahrt am Vorhaltrechner einstellen bzw.
reinen Bug- oder Heckschuß unter Ausschalten
der Feuerleitanlage schießen. Gegnerfahrt als
Abkommpunktüberlagerung am Ziel berück-
sichtigen.
b) Möglichst dicht heran, E unter 1000 m. Bei
mondhellen Nächten bzw. am Tage noch einmal
tauchen und Unterwasserschuß auf 4- bis 500 m.
c) Ist in abgelegnen Seegebieten ein frühzeitiges
Eintreffen von feindlichen Abwehrkräften nicht
anzunehmen, nicht überstürzt den Fangschuß ab-
geben. Viele Schiffe sinken erst nach 2 bis
3 Stunden.
d) Kommen Abwehrkräften (See oder Luft) in Sicht,
dann sofortige Fangschußabgabe.
e) Unter den in c) beschriebenen Bedingungen
prüfen, ob statt Fangschuß nicht Versenkung durch
Artillerie angebracht ist. Siehe auch Ziffer 277.
174. Frei.
F. Verhalten nach dem Unterwasserangriff.
175. Falls irgend möglich, noch dem Unterwasser-
angriff beobachtend auf Sehrohrtiefe blieben, um den
Erfolg des Angriffs festzustellen und Klarheit zu ge-
winnen, ob evtl. noch ein weiterer Torpedo als Fang-
schuß nötig ist.
Grundsatz: "Besser wenig vernichtet als viel be-
schädigt.
48
176. Erreichte Angriffsposition am Geleitzug oder
an mehreren Zielobjekten zu unmittelbarer hinterein-
anderfolgender Schußabgabe auf mehrere Ziele aus-
nutzen, unter Anwendung der durch die Feuerleit-
anlage gegebenen Möglichkeiten. Es ist nicht sicher,
daß noch einmal solch eine günstige Angriffsposition
erreicht wird. Siehe Ziffer 171.
177. Bleibt daß U-Boot nach dem Angriff auf Seh-
rohrtiefe, so hat es außer neuen Angriffsmöglichkeiten
noch den Vorteil, Überblick über Art und Umfang der
feindlichen Gegenwirkung zu bekommen. Es hat da-
durch die Möglichkeit Lücken in der feindlichen Ver-
folgung zu entdecken, durch die es entkommen kann.
178. Besteht keine neue Angriffsmöglichkeit, so soll
daß U-Boot ablaufen. Falls Horchgefahr besteht, Boot
debei in "Horchfahrt".
Ist mit Horchgefahr infolge feindlicher Stör-
geräusche nicht zu renchen, mit hoher Fahrt von der
Schußstelle und der Torpedolaufrichtung forttreiben.
179. Nicht auf Tiefe gehen, wenn es nicht unbe-
dingt erfordlich ist. Auf Tiefe gehen macht blind
und wehrlos. Daher erst auf Tiefe gehen, wenn mit
unmittelbarer und wirlkich gefährdender Bekämpfung
durch in nächster Nähe kommende Bewacher zu
rechnen ist.
180. Muß nach dem Unterwasserangriff wegen ge-
fährdender feindlicher Verfolgung auf Tiefe gegangen
werden, dann erst einmal mit A.K. nach unten und we von
der Schußstelle und vom Torpedolaufkurs.
Im ersten Durcheinander an der Wasseroberfläsche nach
einem Torpedotreffer bzw. beim Werfen von Wasser-
bomben wird von den feindlichen Verfolgern weder
geortet noch gehorcht.
Erst auf "Schleichfahrt" gehen, wenn einiger
Horizontal- und Vertikalabstand von der Schuß- und
Sichtungsstelle gewonnen ist.
Nachdem das Boot auf der erfordlichen Tiefe ein-
gesteuert ist, alles abstellen, in Ruhe horchen, wie der
Gegner sich verhält, und entsprechend handeln.
49
181. Stets dynamisch auf größere Tiefe gehen!
Fluten ist falsch. Boot wird mit zunehmender Tiefe
von selbst schwerer (Lecken der Sternbuchsen und son-
stiger Verschlüsse, Volumenverringerung des Boots-
körpers) und sackt leicht auf unbeabsichtigt große
Tiefe. Deswegen hohe Fahrt beim Auf-Tiefe-Gehen
und sogar lenzen (z.B. beim Typ VII etwa 1 t!).
182. Trimmen beim Ansteuern größerer Tiefe zu-
nächst mit Leuten, falls Tiefenruderwirkung vorüber-
gehend nicht ausreicht; Trimmen mit Wasser erst beim
Einsteuern nach Erreichen der erforderlichen Tiefe.
Vorsicht beim Trimmen mit Leuten, nicht unnötig
"Alle Mann" Manöver ergreifen, sondern nur in Ge-
fahrlagen.
183. Richt auf unnötig große Tiefe gehen, da dies
auch bedenklich ist: starkes Lecken der Sternbuchsen
und übriger Verschlüsse, Beanspruchung der Verbände.
Stets die geringere Gefahr wählen durch Vergleich
zwischen der Gefährdung durch Wabo's oder stärkeren
Wassereinbruch.
184. Über das Verhalten gegen feindliche Horch-
und Ortungsverfolgung siehe Abschnitt IV.
185. Erst wieder auf Sehrohrtiefe gehen nach vor-
heriger gründlicher Horch- und Ortungsbeobachtung.
186. Beim Höhergehen aus großer Tiefe allmählich
alle Verschlüsse lockern, vor allem, wenn Verschlüsse
aus großer Tiefe nachgezogen worden sind.
187. Vor dem Auftauchen nach Fahrt auf großer
Tiefe Boot erst wieder auf Sehrohrtiefe einsteuern,
um nach dem Auftauchen sofort klar zum Alarm-
tauchen zu sein.
188. Nach Möglichkeit vor dem Auftauchen über-
mäßig starken Luftüberdruck im Boot wegpumpen.
189. Nach dem Auftauchen vor vollem Ausblasen
erst einmal schnellen gründlichen Rundblick vor Turm
(vgl. auch Abschnitt I, B, Ziffer 29).
50
190. Frei.
191. Frei.
192. Frei.
193. Frei.
194. Frei.
51
Abschnitt III.
Der Überwasser-Torpedoangriff.
A. Grundlagen für den Überwassernachtangriff.
195. Der Überwasser-Torpedoangriff kommt für das
U-Boot nur bei Nacht in Frage. Ziel des Überwasser-
angriffs ist ebenso wie beim Unterwasserangriff aus
den gleichen schußtechnischen Gründen der unbemerkte
und daher überraschende Schuß aus geringer Entfer-
nung (vgl. Abschnitt II, A, Ziffer 91).
196. Die Verhältnisse beim Nachtangriff sind
mannigfaltig. Sie sind von der Art des Gegners,
seiner Sicherung, Kurs, Geschwindigkeit, Sicht, Be-
leuchtungsverhältnissen, Seegang u. a. abhängig. Der
Schuß des U-Boots wird daher bei den verschiedensten
eigenen Fahrtstufen, auf geradem Kurs oder im harten
Drehen beim gleichzeitigen Ausweichen vor der
feindlichen Sicherung –, auf den verschiedensten Ent-
fernungen und aus den mannigfaltigsten Lagen fallen.
Bei der geringen Geschwindigkeit des U-Boots wird
der Kommandant daher im allgemeinen die Lage für
seinen Angriff so nehmen müssen, wie sie sich ihm beim
Zusammentreffen mit dem Gegner bietet.
197. Ein Schema für den Überwassernachtangriff
gibt es daher nicht. Es können nur folgende Grund-
regeln als allgemein richtig ausgestellt werden:
a) Ebenso wie beim Torpedobootsangriff ist für den
Überwasserangriff des U-Boots bei Nacht eine
vorliche Lage von 60° bis 90° anzustreben.
b) Der Überwasserangriff ist stets nach Kompaß zu
fahren, da sonst leicht die Übersicht verlorengeht.
c) Beim Vorsetzmanöver m dauernd gepeilt und
das Wandern der Gegnerpeilung laufend verfolgt
werden. Der Angriff darf nicht aufgegeben wer-
den, auch wenn die Peilung nur langsam aus-
wandert. Wird der Angirff trotz aller Mühe bei
52
Tage nicht mehr geschafft, so muß er in der
Nacht gelingen. Diese Werte sind fast immer ge-
nauer als die beim Angriff geschätzten Werte.
Das Schätzen bei Nacht selbst ist eine Sache
langer Erfahrung und bedarf großer Übung.
d) Große Verschätzungen in den Schußunterlagen
sind nachts sehr leicht möglich. Daher auch nachts
so nahe ran wie möglich, damit selbst starke Ver-
schätzungen in den Schußunterlagen sich wegen
der kurzen Laufzeit des Torpedos nicht mehr
wesentlich auswirken können. Wenn auch das
U-Boot beim Angriff bemerkt werden sollte, so
darf es dem Gegner nicht mehr möghlich sein, dem
Schuß auszuweichen.
e) Die Mindestschußweite beträgt auch bei Nacht
300 m (vgl. Abschnitt II, A, Ziffer 92).
f) Nachts nicht zu früh aus zu spitzer Lage schießen.
Der noch nicht genügend erfahrene Schütze neigt
dazu, die Lage nachts meist für stumpfer zu halten
als sie ist. Daher Nerven behalten und nicht zu
früh schießen.
g) Einen gewissen Anhalt für die Gegnergeschwin-
digkeit gibt das Maß des Nachdrehens in Ab-
hängigkeit von der Entfernung beim Voraus-
halten des Gegners.
h) Die Entfernung wird in der Nacht leicht unter-
schätzt (vgl. Abschnitt II, A, Ziffer 99). Nicht
durch das Größerwerden des Zielschattens beein-
drucken lassen und zu früh auf zu große Ent-
fernung schießen.
198. Das U-Boot kann beim Überwassernacht-
angriff:
I. gesehen werden,
II. gehorcht werden,
III. geortet werden.
53
I. Gefahr des Gesehenwerdens.
199. Grundsätzlich soll sich der U-Bootskommandant
vor Augen halten, daß das U-Boot, wenn nicht ganz
besonders ungünstige Beleuchtungsverhältnisse vor-
liegen, nachts immer schlechter zu sehen ist als jedes
Überwasserschiff. Das Vertrauen des Kommandanten
in die eigene Unsichtbarleit bei Nacht wird mit jeder
neuen Erfahrung wachsen. Jedes gegensätzliche Gefühl
muß bewußt mit der Überlegung überwunden werden,
daß der angegriffene Gegner als in der Defensive
befindlich die schwächere Position hat, zumal er auch
durch Ausguck bei lange andauernder, zermürbender
Tätigkeit keineswegs die Aufmerksamkeit in der Be-
obachtung erreichen kann wie das im Augenblick mit
höchster Konzentration auf den Angriff beachte
U-Boot.
200. Die geringe Sichtbarkeit des U-Boots bei
Nacht über Wasser ist durch seine schmale und niedrige
Silhouette begründet, da das Boot selbst bis auf den
Turm fast gänzlich im Wasser verschwindet. Der Turm
ist vom Gegner am leichtesten zu erkennen, wenn er
sich von der Augeshöhe des Gegners noch über die
Kimm erhabt. Dies is die Gefahrenzone beim Heran-
laufen. Gegen die Wasserfläche allein als Hintergrund
ist der Turm sehr schwer auszumachen.
201. Der U-Bootsturm wirkt immer, sowohl über
der Kimm als auch gegen die Wasserfläche als Hinter-
grund, selbst in dunkelster Nacht als dunklere Fläche.
Die zweckmäßigste Farbe des Turmanstrichs ist daher
auf Grund der gewonnenen Erfahrungen in unseren
Breiten ein helles Grau oder ein stumpfes Weißgrau,
im Atlantik ein dunkles Blaugrau.
202. Da Farbe, besonders beim nassen U-Boot
leicht glänzt, muß vermieden werden, dem Gegner die
mondbeschienene Seite zuzudrehen. Ist dies nach Lage
der Dinge nicht vermeidbar, möglichst bald dem Gegner
die spitze Silhouette zeigen.
203. Darauf achten, daß das U-boot nicht in der
Mondbahn auf dem Wasser, d. h. in der Peilungslinie
zwischen Mond und Gegner steht.
54
204. Günstige Angriffsbedingungen, um ungesehen
zu bleiben:
a) Von dunklen Horizont, von der dunklen Wasser-
fläche herkommend den Gegner gegen den hellen
Horizont oder gegen den Mond angreifen. Das
U-Boot selbst ist dann auch auf nächste Entfer-
nung nicht zu sehen.
b) Aus Luv mit der See anlaufen, um die – be-
sonders bei ruhiger See – auffällige Bugsee zu
verringern. Aus dem gleichen Grunde empfiehlt
es sich, im Nahbereich des Gegners wenig Fahrt
zu laufen. Damit wird auch gleichzeitig die, be-
sonders bei ruhiger See, verräterische Hecksee
geringer. Die Luvseite bietet außerdem den Vor-
teil schlechterer Beobachtungsverhältnisse für den
Gegner, vor allem bei starkem Wind oder Regen.
c) Es ist unter allen Umständen notwendig und
richtig, beim Angriff bis zum Schuß bzw. bis
zum Aufdrehen zum Schuß stets mit spitzer Sil-
houette auf den Gegner zuzulaufen. Bug- und
Hecksee verschwinden dann in eins, die Form des
Bootskörpers selbst, die sich bei breiterer Sil-
houette doch durch Schaumkonturen verraten
kann, ist dann sicher nicht zu sehen. Günstig ist
daher der Angriff aus spitzer Gegnerlage mit stets
durch Nachdrehen schmall gehaltener eigener Sil-
houette, d. h. Anlauf auf der "Hundekurve".
d) Vorsicht beim Übergang von der Nacht zum Tage
wegen der schnellen Anderung der Sichtweite.
205. Frei.
206. Frei.
II. Gefahr des Gehorchwerdens.
207. Über Wasser durch die Luft sind die Motoren-
geräusche des U-Boots besonders auch unter Ein-
wirkung der Eigengeräusche des Gegners praktisch
nicht zu hören.
208. Wie weit die sonstigen Geräusche des über
Wasser fahrenden U-Boots (Schraubengeräusche u. a.)
55
von der feindlichen Horchabwehr erfaßt und aus den
eigenen, mit Geschwindigkeit und Seegang zunehmen-
den Störgeräuschen, als U-Bootsgeräusch herausge-
hört werden können, hängt von den unter Abschnitt I, B, II,
genannten Ubständen ab.
208. Das über Wasser mit Dieselmotoren fahrende
U-Boot ist jedoch beim Vorliegen günstiger Horchbe-
dingungen sehr viel lauter und markanter als das
unter oder über Wasser mit E-Maschinen fahrende
U-Boot zu hören. Falls daher, vor allem bei geringer
Gegnergeschwindigkeit und sehr ruhiger See, mit feind-
licher Horchabwehr zu rechnen ist, muß versucht werden,
den Angriff mit E-Maschinen zu fahren, sofern es die
Stellung des U-Boots zum Gegner in Anbetracht der
geringen Geschwindigkeit bei Fahrt mit E-Maschinen
erlaubt.
209. Frei.
210. Auf keinen Fall dürfen beim Nachtangriff die
Gefahren feindlicher Horchabwehr überschätzt und des-
wegen vom tödlichen Angriff aus geringer Entfernung
abgegangen werden (vgl. Abschnitt II, A, Ziffer 94).
211. Frei.
212. Frei.
213. Frei.
III. Gefahr des Ortung.
214. Nur in seltenen Fällen bei ruhiger See und
geringer Gegnergeschwindigkeit wird damit zu rechnen
sein, daß das über Wasser fahrende U-Boot durch Asdic
geortet wird. Die Ortungsbedingungen gegen das über
Wasser fahrende U-Boot sind im allgemeinen wegen
des stärkeren Störspiegels an der Wasseroberfläche
(dauernde Luftdurchwirbelungen der Wasseroberfläche
durch Seegang und Fahrt) ungünstiger als gegen das
in ruhiger Wasserschicht unter Wasser fahrende
U-Boot.
56
215. Die Gefahr feindlicher Ortungsabwehr darf
daher ebensowenig wie die Gefahr der Horchabwehr
überschätzt werden und keinesfalls zum Aufgeben des
Angriffs führen (vgl. Abschnitt II, A, Ziffer 94).
216. Mit dem Vorhandensein eines Überwasser-
ortungsgerätes (Dete) muß bei manchen Kriegsfahr-
zeugen gerechnet werden. Der Verdacht darf jedoch
nicht dazu führen, daß der Kommandant sich bei jedem
ihm auffällig erscheinenden Manöver des Gegners bzw.
der Sicherungsfahrzeuge jedesmal geortet glaubt und
seinen Angriff aufgibt.
In fast allen Fällen handelt es sich um zufällige
Sicherungsbewegungen. Erst wenn einwandfrei fest-
steht, daß das Nachdrehen des Gegners die Verfolgung
des U-Bootes bedeutet, ablaufen und, falls Gegner auf
Sichtentfernung aufkommt, tauchen. Weiteres Ver-
halten gemäß Ziffer 180. Entweder vor dem Tauchen
oder bei dem Auf-Tiefe-Gehen harte Kursänderung.
Daran denken, daß die ersten und gefährlichsten Wasser-
bomben in Tauchstelle und in der vom Gegner ver-
muteten Ablaufrichtung im Reihe geworfen werden.
217. Frei.
218. Frei.
B. Ansatz des Überwassernachtangriffs.
219. Die allgemeinen Regeln für den Ansatz des
U-Boots zum Unterwasserangriff (vgl. Abschnitt II, B,
Ziffer 105) gelten sinngemäß auch für den Überwasser-
nachtangriff. Auf die Notwendigkeit, auch bei Nacht
unter allen Umständen und unter Ausnutzung aller
Möglichkeiten sichere Schußunterlagen zu gewinnen
(Ausdampfen von Kurs und Fahrt), wird besonders
hingewiesen (vgl. Ziffer 105, e).
220. In Seegebieten, in denen nachts mit Feind-
berührung zu rechnen ist, muß stets mindestens ein
klarer bewässerter Torpedo im Rohr gefahren werden.
57
Bei plötzlichem Sichten des Gegners ist unter Um-
ständen nicht mehr genügend Zeit zum Klarmachen des
Rohres vorhanden.
221. Bei Nacht entscheidet im Kriege erst recht das
bessere Auge und der bessere Ausguck über Erfolg oder
Mißlingen. Wer zuerst sieht, ist immer im Vorteil.
Deshalb gehören nachts, vor allem beim Angriff selbst,
die Leute mit den besten Nachtaugen als Ausguck auf
den Turm.
Ausguck nachts nur mit Doppelgläsern. Bei Regen
oder starkem Seegang einen besonderen Mann im
Turm ausstellen, der laufend trockene Gläser klarhält
und nasse Gläser abtrocknet.
222. Beim Sichten eines Gegners zuerst schmal
machen, Fahrt behalten, Auswanderung feststellen,
später versuchen, mit Höchstfahrt an der Grenze der
Sicht in eine vorliche Position zu kommen, um von da
aus den eigentlichen Angriff anzusetzen. Das Streben
nach vorn und zum Angriff aus günstiger vorlicher
Lage auch nicht ausgeben, wenn Fahrtüberschuß nur
gering erscheint. Kursänderungen des Gegners können
die Angriffsaussichten für das U-Boot schlagartig ver-
bessern.
223. Bereits beim Aufdampfen auf die Angriffs-
position die günstige Seite (dunklen Horizont, Luv
usw.) aussuchen. Ist nach Lage der Dinge mit länge-
rem Aufdampfen zu rechnen, so muß in Mondnächten
für die Wahl der günstigen Angriffsseite entschprechend
die Anderung des Mondazimuts bis zum eigentlichen
Angriff berücksichtigt werden.
Haben sich die Beleuchtungsverhältnisse während des
Vorlaufens aus irgendwelchen Gründen verändert
(Aufreißen der Bewölkung o. ä.), dann notfalls zum
Angriff nach der anderen Seite ausholen.
224. Frei.
225. Frei.
226. Frei.
58
C. Durchführung des Überwassernachtangriffs.
227. Nach Erreichung der gewünschten und beab-
sichtigten vorlichen Lage zum Gegner beginnt der
eigentliche Angriff. Hierbei als wichtigsten Grundsatz
beachten: Schmal bleiben bis zum Schuß, "Hundekurve"
durchhalten. Jede auch nur vorübergehende Verbreite-
rung der Silhouette kann das Boot verraten.
228. Beim Angriff stets Fahrt im Boot behalten.
Sonst ist ein Ausweichen über Wasser oder Alarm-
tauchen während oder nach dem Angriff vor feindlicher
Sicherung nicht schnell genug möglich.
229. Beim Auftreffen auch feindliche Sicherungs-
fahrzeuge versuchen, nach Möglichkeit über Wasser
auszuweichen, um beweglich zu bleiben und Überblick
zu behalten. Über Wasser bleibt der U-Bootskomman-
dant Herr der Lage. Geht das Boot unter Wasser,
so wird es blind und stationär und muß eine Ande-
rung der Lage oben allein dem Gegner überlassen.
230. Der Vorteil der schmalen Silhouette beim An-
griff wird durch die Feuerleitanlage einwandfrei er-
möglicht.
231. Beim Auftreffen auf einen feindlichen Verband
muß die seltene Angriffsgelegenheit ebenso wie bei
Tage auch nachts mit vollem Boots und Torpedoein-
satz ausgenutzt werden. Sofort nach dem ersten Ziel
ein zweites bzw. Drittes Ziel angreifen. Die nach dem
ersten Schuß beim Gegner im allgemeinen eintretende
nächtliche Verwirrung wird dies erleichtern.
232. Hinsichtlich der Mehrfachschüsse und Fächer
gilt auch für den Überwasserschuß das gleiche wie für
den Unterwasserschuß (vgl. Abschnitt II, E, Ziffer 171
bis 174).
233. Frei.
234. Frei.
59
D. Verhalten nach dem Überwassernachtangriffs.
235. Der Kommandant muß danach streben, nach
dem Überwassernachtangriff nach Möglichkeit oben zu
bleiben, um den Erfolg des Angriffs zu beobachten und
bei günstiger Lage später einen zweiten oder dritten
Angriff ansetzen zu können. Nicht auf Tiefe gehen,
wenn es nicht nötig ist; auf Tiefe gehen macht blind
und wehrlos. An der Oberfläche behält der Komman-
dant Überblick und Handlungsfreiheit. Also nur und
erst dann tauchen, wenn die unmittelbare Verfolgung
dazu zwingt.
236. Nach dem Schuß wird es in den meisten Fällen
richtig sein, sofort hart nach dem Heck des Gegners
abzudrehen, um möglichst schnell aus dem gefährdenden
vorlichen Sektor des Gegners, in dem die Ramm-
gefahr beim Bemerktwerden des U-Boots am größten
ist, nach achtern herauszukommen.
237. Kann das U-Boot nach dem Angriff oben
bleiben, dann für evtl. weitere Angriffe einen kurzen
Haken nach außen schlagen, um möglichst bald zum
nächsten Schuß zu kommen.
238. Muß wegen Einsetzen der Verfolgung getaucht
werden, dann erst einmal mit hoher Fahrt nach unten
und weg von der Schußstelle und der Torpedolaufrich-
tung. Es ist dabei unnötig, auf irgendwelche Horch-
gefahr Rücksicht zu nehmen. Nach einem Treffer ist
bei Nacht an der Wasseroberfläche ein solches Durch-
einander, daß der feindliche Horcher mit Sicherheit
kein unter Wasser fahrendes U-boot horchen oder
orten kann.
239. Unter Wasser mit hoher Fahrt auf geradem
Kurs ablaufen, damit das Boot auf kürzestem Wege
aus der Bewachung herauskommt. Um so eher kann
es wieder auftauchen.
Den Ablaufkurs schräg nach vorn zur Kursrichtung
des Gegners wählen, nicht nach achtern, damit auch
unter Wasser bereits Luv für den nächsten Angriff
gewonnen wird.
60
240. Wie weit nach dem Tauchen unter Wasser
abgelaufen werden muß, hängt von der Sicht ab. Der
Gegner muß beim Auftauchen noch in Sicht sein, das
Boot selbst darf aber beim Auftauchen nicht gesichtet
werden. Im allgemeinen wird eine Ablaufstrecke von
2000 bis 3000 m genügen.
241. Beim Auftauchen die hierfür erlassenen Regeln
beachten: horchen, dann schnell durch Anblasen auf-
tauchen, sofort Turmluk auf und Rundblick Gegner
beobachten und je nach Lage ganz ausblasen.
Falls weiterer Angriff möglich ist, sofort wieder
vorlaufen und erneuten Angriff ansetzen.
242. Über das Verhalten bei feindlicher Unter-
wasserverfolgung siehe Abschnitt IV, Ziffer 246 bis
269.
243. Frei.
244. Frei.
245. Frei.
61